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    Mädchenförderung bei den Stadtwerken Bochum

Mädchenförderung bei den Stadtwerken

Wer cool ist, schert sich nicht um Klischees: Bei den Stadtwerken Bochum sind gerade die Bewerbungen von jungen Frauen willkommen, um Ausbildungsplätze in technischen Berufen zu besetzen. Vorausgesetzt, sie haben Lust anzupacken.

Stella Engemann (21) legt los: Sie stellt das Bodenschallmikrofon auf die Straße, hängt sich das Messgerät um den Hals und setzt die Kopfhörer auf. Ihr Kollege sitzt in der Zwischenzeit im Messwagen und schickt einen Hochspannungsimpuls durch das Kabel. „An der defekten Stelle gibt es dann ein knallendes Geräusch“, erklärt Stella und geht mit ihrem Bodenschallmikrofon noch ein paar Schritte weiter. „Wir wissen dann genau, wo das Kabel kaputt ist.“ Nach wenigen Minuten hat sie den Fehler gefunden und grinst. Ihr erster richtiger Außeneinsatz ist prima gelaufen – Stella Engemann ist Auszubildende bei den Stadtwerken Bochum. Sie ist im zweiten Lehrjahr als Elektronikerin für Betriebstechnik und sattelt parallel noch ein Studium obendrauf, den Bachelor of Electrical Engineering.

 

Technik im Griff

Angst vor schwierigen Aufgaben kennt Judith Heumann (im Bild oben) nicht. Sie will Industriemechanikerin werden, weil sie das Arbeiten im Büro langweilig findet.

Elektronikerin: Auszubildende bei den Stadtwerken (Foto: Martin Leclaire)
Traumjob in Sicht

Stella Engemann hat sich schon als Kind für Technik interessiert. Die Berufswahl war für sie relativ einfach.

Eine Frau als Elektronikerin? „Natürlich“, sagt Stella. „Mein Papa ist Elektroingenieur, und ich habe ihm schon als Kind den Schraubenzieher gereicht, wenn er zu Hause etwas repariert hat. Dass ich was Technisches machen will, war für mich klar.“

Wenige Frauen in den MINT-Berufen

Bei den Stadtwerken ist ihre Bewerbung auch sofort in die engere Auswahl gekommen, denn von Geschlechterklischees hält Ausbildungsleiterin Naira Gammersbach gar nichts. „Wir freuen uns über jede interessante Bewerbung. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob junge Männer oder Frauen bei uns anfangen wollen. Im Gegenteil. Fachkräfte werden dringend gebraucht. Deswegen ist es umso wichtiger, auch Mädchen für diese Berufsfelder zu begeistern.“ Hinzu komme: „Es trägt zu einer guten Teamkultur bei, wenn Männer und Frauen zusammenarbeiten. Außerdem haben Frauen oft einen anderen Blick.“ Die Mehrzahl der Bewerber ist allerdings nach wie vor männlich, obwohl es beispielsweise seit fast 20 Jahren den Girls’ Day gibt. Ein Aktionstag, an dem Mädchen für einen Tag in einen technischen Beruf reinschnuppern. In den sogenannten MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) ist der Frauenanteil mit bundesweit 15,4 Prozent grundsätzlich immer noch sehr niedrig. In Nordrhein-Westfalen liegt er sogar nur bei 13,7 Prozent. Die Frauen holen zwar auf, aber nur langsam.

Gute Jobaussichten

Dabei sind die Berufsaussichten in diesem Bereich hervorragend: In den vergangenen fünf Jahren ist die Beschäftigung in den MINT-Berufen um 8,5 Prozent gestiegen, wobei Frauen nach Aussage der Bundesagentur für Arbeit von dieser Entwicklung besonders profitieren. Angst vor Arbeitslosigkeit müssen sie kaum haben, und der Bedarf an technischen Fachkräften steigt weiter an. Aber ist die Arbeit nicht körperlich anstrengend? „Überhaupt nicht“, sagt Judith Heumann. Die 20-Jährige macht bei den Stadtwerken Bochum eine Ausbildung zur Industriemechanikerin. „Probleme hatte ich bislang noch nie. Das ist alles gut zu schaffen.“

in den vergangenen fünf Jahren ist die Beschäftigung in den MINT-Berufen um 8,5 Prozent gestiegen.

Ihren Berufswunsch entdeckte sie über ein Praktikum. „Meine Eltern arbeiten beide im Büro, und das wäre mir, ehrlich gesagt, zu langweilig gewesen. Außerdem möchte ich nach der Arbeit sehen können, was ich geschafft habe.“ Aktuell baut sie in der Lehrwerkstatt das Modell eines Formel-Eins-Wagens aus Rohmaterialien zusammen. So übt sie sich in Techniken wie Fräsen, Drehen und Bohren. „Ich kriege handwerkliche Routine und lerne die Maschinen besser kennen.“ Mit den männlichen Kollegen arbeitet sie eng zusammen, ein Problem war das nie. „In der Berufsschulklasse bin ich das einzige Mädchen – dort habe ich schnell gelernt, auch mal Sprüche zu reißen. Das Verhältnis ist unheimlich kollegial.“ Naira Gammersbach klärt schon beim Bewerbungsgespräch, ob den jungen Frauen klar ist, dass es sich um einen körperlich anstrengenden Job handelt, bei dem man auch mit anpacken muss. Außerdem könnten die Frauen überlegen, wo sie langfristig ihren Schwerpunkt setzen wollen. „Grundsätzlich unterstützen wir Weiterbildungen. Wer beispielsweise später verstärkt Mitarbeiter anleitet, verbringt mehr Zeit im Büro.“ Eine Grundvoraussetzung müssten allerdings alle Bewerberinnen mitbringen: Spaß an Technik.

Ohne Mathe geht es nicht

Tatsächlich waren Mathe und Physik schon in der Schule Stellas Lieblingsfächer, und sie gibt zu: „Dieses Wissen brauche ich heute definitiv.“ Denn Berechnungen sind ein großer Teil ihres Jobs, und ein Verständnis für physikalische Zusammenhänge braucht sie im Alltag ebenfalls. Dabei geht sie sogar ordentlich in die Tiefe, da sie die Ausbildung mit einem Studium kombiniert. „Das ist ziemlich anstrengend, weil ich dreimal in der Woche abends sowie regelmäßig samstags Veranstaltungen besuche. Parallel mache ich in Vollzeit die Ausbildung. Glücklicherweise sind die Stadtwerke flexibel, sodass ich mich gut vorbereiten kann.“ Nach vier Jahren sei sie mit beidem fertig. „Und es ist großartig, an der Uni über ein Bauteil zu reden, das ich tagsüber noch in der Hand hatte.“

Für Judith wäre das nicht der richtige Weg gewesen. Ihr reicht der theoretische Unterricht, den die Stadtwerke zusätzlich zur Berufsschule vermitteln. Bei der Entscheidung für diesen Ausbildungsplatz hat sie sich dafür noch von ganz anderen Überlegungen leiten lassen. „Ich dachte mir, die Stadtwerke wird es immer geben, und ich wollte einen sicheren Arbeitsplatz haben.“ Das haben die beiden ohne Frage gemeinsam – sie sind gut informiert und haben sich über ihre Berufswahl Gedanken gemacht. Das ist nach einer aktuellen Veröffentlichung des Kölner Instituts der Deutschen Wirtschaft genau die richtige Methode, um mehr Mädchen für die MINT-Berufe zu begeistern. Demnach habe ein besserer Informationsstand Einfluss auf die Entscheidung. Anders gesagt: Vielen Mädchen ist gar nicht bewusst, dass ein technischer Beruf für sie eine Alternative sein könnte.

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Hauptsache: gut informiert

Unklar ist, welche Rolle Klischees dabei spielen. Interessieren sich Mädchen weniger für Technik, oder liegt es daran, dass alle von ihnen erwarten, dass sie mit Puppen und nicht mit Autos spielen? Das konnte noch in keiner Studie geklärt werden. Fest steht: Stella und Judith halten nichts von Klischees. „Ich ziehe privat auch mal schöne Kleider an“, sagt Stella und wirft dabei den Zopf mit den langen, blonden Haaren zurück. „Nur lackierte Fingernägel sind nichts“, fügt Judith hinzu. „Die gehen sofort kaputt.“ Ihr Tipp an alle Mädchen, die Lust auf einen praktischen Job haben: „Einfach mal ausprobieren. Ohne Praktikum hätte ich diesen Beruf bestimmt nicht gewählt.“

 

Erschienen im Kundenmagazin Meine Stadtwerke

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