Esther Schweins? Schauspielerin, Synchronsprecherin, Moderatorin, Komikerin, Regisseurin – ja, was denn noch? Ganz sicher eine Frau mit einem Anliegen: nämlich, die Welt ein bisschen besser zu machen.
Sie haben für den NDR eine Sendung zum Thema Plastikmüll in den Ozeanen, Lebensmittelverschwendung und Wegwerfmode moderiert. Nachhaltigkeit ist offenbar ein Herzensthema, denn Sie waren ja in Bochum an einem Laden beteiligt, in dem es Produkte aus recycelten Textilien zu kaufen gab?
Ja, meine Partnerin Jacqueline Welsing und ich haben unser Label !amoamo! 2020 gegründet und betreiben dafür einen Onlineshop. Wir machen Neues aus alten Textilien, um sie vor ihrer Entsorgung zu bewahren. Wir fertigen zum Beispiel leichte, mit Seegrass gefüllte Yoga- und Meditationskissen mit Tragegurt, aber auch Schlaf- oder Lesekissen, Stillkissen und viele verschiedene Taschenmodelle. Wir wollen die Menschen daran erinnern, möglichst nachhaltig zu konsumieren.
Was hat Sie veranlasst, sich mehr Gedanken über das eigene Leben und das Überleben der Menschheit zu machen?
Diese Gedanken begleiten mich schon seit meiner Kindheit, also Gedanken über unsere Gesundheit und die Gesundheit von Mutter Erde. Dass wir durch ein untrennbares Band mit unserem Planeten verbunden sind, ist eine Überzeugung, die ich schon immer hatte.
Wie nachhaltig leben Sie selbst?
Wir leben auf Mallorca auf dem Land. Da fällt es zum Beispiel leichter als in einer Stadtwohnung ohne Balkon, seinen organischen Müll zu kompostieren. Wobei es unsere Bioabfälle gar nicht bis zum Kompostieren schaffen, weil unsere Schafe immer alles wegfressen.
Viele Menschen haben gute Vorsätze, im Alltag gehen diese aber unter. Was ist Ihr Tipp? Wo kann jede*r am besten anfangen?
Bei sich selbst. Oft fehlt es an Zeit, Veränderungen in den Alltag zu integrieren, etwa frisch zu kochen. Mein Tipp: Versuchen Sie einen Trick und reduzieren Sie in Ihrer Freizeit zweimal pro Woche bewusst Ihren Medienkonsum, egal, ob Telefon, Tablet, Fernseher, soziale Medien, Streaming, was auch immer – schalten Sie für eine halbe Stunde jedes Gerät aus. Und dann machen Sie was Schönes. Gehen Sie an die frische Luft, machen Sie ein paar wohltuende Übungen oder legen Sie sich auf den Rücken und denken Sie an Dinge, Momente, Menschen, für die Sie in Ihrem Leben dankbar sind. Erst, wenn Sie das geschafft haben, verwenden Sie diese „freie“ Zeit für einen guten Vorsatz.
Sie machen viel im Bereich Nachhaltigkeit und sind an einem Podcast über seltene Erkrankungen beteiligt. Geht es Ihnen um mehr Sinnhaftigkeit bei der Arbeit oder nutzen Sie Ihren bekannten Namen, um mehr Aufmerksamkeit für solche Themen zu schaffen?
Tatsächlich ist beides der Fall. Ich möchte „guten Sachen“ Aufmerksamkeit und Rückenwind verschaffen. Wann immer mir dies gelingt, bin ich dankbar. Die Dokumentationen, die ich über Plastikmüll, Lebensmittelverschwendung oder Fast Fashion mache, haben alle dieselbe Botschaft. Und ganz richtet sich diese Botschaft auch an meine Kinder: Jeder kann etwas tun, die kleinste Handlung zählt und hat Gewicht, du musst nie in Ohnmacht verharren!
...ist ein echtes Ruhrgebietskind und stammt gebürtig aus Oberhausen. Bekannt wurde sie in den 1990er-Jahren durch die Sendung „RTL Samstag Nacht“.
Foto: Jennifer Fey
Haben Sie schon die Erfahrung gemacht, dass Ihre Arbeit konkret etwas bewirkt?
Durchaus. Als wir zum Beispiel mit dem Podcast begannen, dachte ich, die Mühe hat sich gelohnt, wenn nur ein Patient oder seine Angehörigen oder Freunde die dargestellten Symptome wiedererkennen – oder vielleicht das erste Mal von der Existenz der Zentren für seltene Erkrankungen hören und der Patient den Weg in eines dieser Zentren findet, eine Diagnose erhält und Linderung erfährt. Beides ist bereits gelungen und erfüllt mich mit tiefer Dankbarkeit dafür, dass mir mein Leben die Möglichkeit bietet, hilfreich zu sein.
Den Podcast „Unglaublich krank“ über seltene Erkrankungen machen Sie zusammen mit Prof. Dr. Martin Mücke. Dazu ist jetzt auch ein Buch erschienen. Wie sind Sie zu diesem Thema gekommen?
Gesundheit ist unser größtes Gut. Meist wird uns dies erst bewusst, wenn alle anderen Wünsche, Sorgen und Nöte hinter einer Krankheit, die uns selbst oder einen geliebten Menschen ereilt, zurücktreten. Die Vermeidung von Krankheit, die Erhaltung von Gesundheit, Heilung, sind Themen, die mich seit jeher umtreiben. Mens sana in corpore sano: ein gesunder Geist in einem gesunden Körper.
Wie ist die Idee zu dem Podcast entstanden?
Im Corona-Jahr 2020 habe ich so gut wie nicht gearbeitet, was mir aber die Möglichkeit bot, gemeinsam mit Prof. Martin Mücke und unserem Produzenten Daniel von Rosenberg darüber nachzudenken, wie es uns gelingen könnte, gemeinsam in einem Projekt die so nötige Aufmerksamkeit für die „Waisen der Medizin“ zu generieren – die seltenen Erkrankungen. Gleichzeitig wollten wir ein Format, in dem wir auch über die Funktionsweise und Gesunderhaltung unseres Körpers im Allgemeinen informieren können. Die Podcast-Reihe ist das Ergebnis: Wir berichten von atemberaubenden Fällen und schildern die Wege der Patient*innen zu einer lebensnotwendigen Diagnose. Dabei enthüllen wir die oft überraschenden Zusammenhänge in unserem Organismus und erklären seine Funktionsweise. Das Buch war eine logische Erweiterung und bot uns die Möglichkeit, tiefer in Vorgänge einzutauchen und krankmachende oder heilende Faktoren eingehender zu betrachten.
Wie hängen die Themen Nachhaltigkeit und Gesundheit aus Ihrer Sicht zusammen?
Der Zusammenhang zwischen Nachhaltigkeit und Gesundheit ist vielschichtig und tiefgreifend. Es wird oft als nachhaltig definiert, die Bedürfnisse der Gegenwart zu befriedigen, ohne es zu gefährden, dass auch künftige Generationen ihre Bedürfnisse befrieden können. Dabei umfasst Nachhaltigkeit nicht nur ökologische, sondern auch wirtschaftliche und soziale Dimensionen, die alle indirekte und direkte Auswirkungen auf die öffentliche und individuelle Gesundheit des Menschen haben.
Können Sie uns Beispiele nennen?
Die Umweltzerstörung, etwa durch nicht nachhaltige Praktiken wie Abholzung von Wäldern oder Massentierhaltung, birgt erhebliche Risiken, da sie direkt oder indirekt zur Luft- und Gewässerverschmutzung, Verbreitung von Infektionskrankheiten und der Zerstörung von Ökosystemen beiträgt. In den vergangenen Jahren hat es einen tiefgreifenden Bewusstseinswandel gegeben, was Nachhaltigkeit und ihre komplexe Verbindung mit der menschlichen Gesundheit betrifft. Die meisten Menschen verstehen darüber hinaus immer besser, dass nicht nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster nicht nur weltweit die natürlichen Ressourcen erschöpfen, sondern auch die gesundheitliche Ungleichheit verschärfen. Wir alle sind Auswüchse dieser Erde, wir bestehen aus ihren Elementen. Was wir ihr antun, tun wir im Umkehrschluss auch uns an.
Also gesunde Menschen, gleich gesunder Planet?
Ich denke, wenn wir zu nachhaltigen und regenerativen landwirtschaftlichen Praktiken übergehen, wir die regionale Produktion von Bio-Lebensmitteln betonen, Lebensmittelabfälle reduzieren und eine pflanzliche Ernährung fördern, können wir gleichzeitig den Klimawandel, die Ernährungsunsicherheit und ernährungsbedingte Krankheiten bekämpfen und ein nachhaltigeres und gesünderes Lebensmittelsystem fördern. Poc a Poc, sagt man auf Mallorca – Schritt für Schritt.
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