Per Direktvermarktung können Betreiber von PV-Anlagen ihren Solarstrom an der Strombörse verkaufen. Für wen lohnt sich das? Und was sollten Sie dabei beachten?
Statt staatlicher Einspeisevergütung die Chancen der Strombörse nutzen: Schon seit 2012 gibt es in Deutschland die Möglichkeit, Solarstrom per Direktvermarktung zu verkaufen. Was zunächst für alle freiwillig war, ist mittlerweile verpflichtend für Betreiber von Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung von mehr als 100 kWp, die seit dem 1. Januar 2016 ans Netz gegangen sind. So stellt der Gesetzgeber sicher, dass die Abnahme des Stroms aus großen Neuanlagen verlässlich geregelt ist. Zuvor mussten sich allein die Netzbetreiber darum kümmern, nun sind auch die Anlagenbetreiber in der Pflicht. Betreiber von kleineren Anlagen und von solchen, die vor 2016 ans Netz gegangen sind, können selbst entscheiden, ob sie in die Direktvermarktung gehen wollen.
Die meisten Anlagenbetreiber vermarkten ihren Strom jedoch nicht selbst – es ist aufwändig und erfordert viel Know-how. „So müssen stets verschiedene Informationen zwischen Anlagebetreiber und Netzbetreiber übermittelt werden, unter anderem über die aktuelle Einspeisemenge“, erklärt Marlon Köhnicke vom Vertrieb Energiedienstleistungen der Stadtwerke Bochum. „Regelt der Netzbetreiber die Anlage herunter, weil zu viel Strom im öffentlichen Netz ist, muss der Betreiber der Anlage außerdem bei ihm Entschädigungszahlungen anfordern.“ Überdies sollte er das Börsengeschehen immer im Blick haben, um seinen Strom beim Auf und Ab der Preise zum richtigen Zeitpunkt zu verkaufen, so der Experte.
Aus diesem Grund beauftragen Anlagenbetreiber gern einen externen Direktvermarkter mit den Energieverkauf. Damit der die Aufgabe übernehmen kann, muss die PV-Anlage technisch so ausgestattet sein, dass er jederzeit die Ist-Einspeisung ablesen und die Einspeisung ferngesteuert regeln kann. Bei der Wahl des Direktvermarkters sollte man genau hinschauen, rät Köhnicke, den Kunden gern darauf ansprechen dürfen: „Wir helfen Kunden mit Anlagen ab 100 kWp dabei, einen passenden Anbieter zu finden.“
»Wir helfen Kunden mit Anlagen ab 100 kWp dabei, einen passenden Direktvermarkter zu finden.«
Vertrieb Stadtwerke Bochum
Lohnt sich für Anlagenbetreiber der Verkauf an der Strombörse? Damit die Rechnung aufgeht, gibt es die Direktvermarktung im Marktprämienmodell: Zwar erhält der Anlagenbetreiber keine Einspeisevergütung, doch das Risiko schwankender Strompreise wird abgefedert: Von dem Vermarkter bekommt er den Börsenmarktwert des Stroms und vom Netzbetreiber eine Marktprämie.
Sie gleicht den Unterschied zwischen dem an der Börse erzielten Preis und der fehlenden Einspeisevergütung aus. Die Prämie sinkt bei steigendem Marktpreis und steigt an, wenn er sinkt. Nach dem EEG 2023 ist das Marktprämienmodell nun auch für Anlagen mit einer Leistung zwischen 300 und 750 kWp attraktiver: Bisher bekamen sie nur eine Marktprämie für die Hälfte ihres erzeugten Stromes, nun hat sich der Anteil auf 80 Prozent erhöht. Nehmen die Anlagen erst in diesem Jahr ihren Betrieb auf, fällt die Einschränkung ganz weg.
Neben der Direktvermarktung im Marktprämienmodell gibt es noch die sogenannte „sonstige Direktvermarktung“. Hier können Anlagenbetreiber ihren Strom ohne Förderung an der Börse verkaufen. Aufgrund der Volatilität entscheiden sich die meisten aber nicht dafür. Interessant ist das Modell allerdings für Anlagen, deren Förderungszeitraum abgelaufen ist, denn so lassen sich mit ihnen auch in Zukunft Erlöse erzielen. Zudem gilt hier kein Doppelvermarktungsverbot, laut dem Anlagenbetreiber Strom nicht als Ökostrom vermarkten dürfen, für den sie bereits eine Einspeisevergütung erhalten: Die sonstige Direktvermarktung ermöglicht ihnen, den grünen Strom in Form von Herkunftsnachweisen zu verkaufen.
Während einige Anlagenbetreiber verpflichtet sind, ihren Strom direkt zu vermarkten, können alle, deren Anlage mehr als 100 kWp Leistung hat, aber bereits vor dem 1. Januar 2016 ans Netz gegangen ist, selbst darüber entscheiden. Das gilt ebenso für Betreiber von Anlagen unter 100 kWp. Auch wenn sie noch von der Einspeisevergütung profitieren, dürfen sie in diese optionale Direktvermarktung wechseln. Wer später dann doch lieber wieder eine Einspeisevergütung erhalten möchte, kann problemlos dorthin zurück.
Marlon Köhnicke weiß jedoch, dass es schwer ist, einen Direktvermarkter zu finden, wenn die Anlage eine zu geringe Leistung hat, etwa unter 500 kWp liegt. „Grundsätzlich sind Vermarkter eher an größeren Anlagen interessiert, die idealerweise nahezu ihren gesamten Strom ins Netz liefern. Dann können sie die Höhe der Einspeisemenge leichter prognostizieren, als wenn ein größerer Eigenverbrauch vorliegt, der naturgemäß schwankt.“ Besitzern kleiner Anlagen rät der Experte daher, den erzeugten Strom selbst zu verbrauchen. „Das rentiert sich auch bei den aktuell sinkenden Strompreisen – selbst nach Ablauf der Einspeisevergütung.“
Sie interessieren sich für die Direktvermarktung von PV-Strom? Sprechen Sie uns an. Wir beraten Sie gerne.